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Fr, 22. September 2023, 3:38 Uhr

Immobilienpreise in den USA: Blase oder Nachfrageüberhang?


30.07.21 10:50
LYNX Broker

Berlin (www.aktiencheck.de) - Als 2008 die Immobilienblase in den USA platzte, versank das Land in der schwersten Rezession seit der Großen Depression in den 1930er Jahren und riss die weltweite Finanzwelt mit sich, so die Experten von LYNX Broker.

In der Folge hätten sich die Stimmen gemehrt, die nach einer strengeren Regulierung des Immobilienmarktes gerufen hätten - und viele Länder seien diesen Forderungen nachgekommen. Nicht so jedoch die USA, wohl auch dank der Trump-Regierung, die stärker auf Deregulierung als auf staatliche Eingriffe gesetzt habe. Doch nun könnte sich das ändern, denn erneut würden die Preise für Wohneigentum steigen, diesmal sogar schneller als jemals zuvor. Das nähre die Befürchtungen, dass sich wieder eine Blase bilden könnte - und die Rufe nach geeigneten staatlichen Eingriffen würden wieder lauter.

Wie stark die Preise gestiegen seien, zeige beispielsweise der kürzlich veröffentlichte S&P CoreLogic Case-Shiller National Home Price Index. Er habe im Mai einen Jahresgewinn von 16,6 Prozent verzeichnet - das höchste Ergebnis seit mehr als 30 Jahren. Hinzu komme, dass es bereits der zwölfte Monat in Folge sei, in dem die Preise nur den Weg nach oben kennen würden. Auch der 20-City Composite könne einen Jahresgewinn von satten 17 Prozent verbuchen und habe damit die Erwartungen der Analysten überstiegen.

"Schon die Monate zuvor waren die Ergebnisse auf dem Immobilienmarkt außergewöhnlich gut. Doch die Zahlen von Mai haben diese erneut getoppt. Die Frage ist nun: Handelt es sich bei den galoppierenden Preisen auf dem US-Immobilienmarkt tatsächlich um eine Blase oder nur um eine natürliche Folge aus einer stark gestiegenen Nachfrage? Immerhin befinden sich gerade tausende Millenials auf Eigenheimsuche und viele Menschen wollen nach den Erfahrungen der Pandemie aus der Enge der Stadt fliehen und suchen ebenfalls nach entsprechenden Immobilien. Hinzu kommen die Engpässe bei vielen Baumaterialien, die die Preise für Neubauten ebenfalls in die Höhe treiben", fasse Sascha Sadowski, Marktexperte vom Online-Broker LYNX, die Lage am US-Immobilienmarkt zusammen. "Ob sich damit allerdings auch die aktuellen Preiszuwächse erklären lassen, muss sich noch zeigen."

"Viele würden sich angesichts der steigenden Preise für das Eigenheim wünschen, dass die FED die Zinsen wieder erhöht, um damit auch die Kredite wieder zu verteuern und damit die Nachfrage zu senken. Doch diesen Stimmen hat Jerome Powell bereits eine klare Absage erteilt. Er möchte die Wirtschaft nach der Pandemie nicht zusätzlich belasten und ihre Erholung abwürgen, um eine Spekulationsblase zu verhindern. Andere wiederum, auch innerhalb der FED, sehen in einer Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt ebenfalls eine Gefahr für die Finanzmarktstabilität, der man etwas entgegensetzen sollte", erkläre Sadowski und fügt hinzu: "Das muss jedoch nicht in Form einer Zinserhöhung geschehen - die FED könnte auch ein anderes Instrument aus ihrem Arsenal zur Anwendung bringen, nämlich den Antizyklischen Kapitalpuffer."

Dabei handle es sich um ein makroprudenzielles Instrument der Bankenregulierung, das deren Widerstandskraft durch den Aufbau eines Kapitalpuffers aus Eigenkapital stärken solle. Bislang komme dieses Instrument in den USA jedoch nicht zum Einsatz, obwohl die FED durchaus die Möglichkeit dazu hätte, die Banken in Boom-Zeiten dazu zu zwingen mehr Rücklagen zu bilden und weniger Kredite zu vergeben. Das wiederum könnte die Preissteigerungen bei Vermögenwerten bremsen.

Doch Sadowski sehe auch noch andere Mittel und Wege, wie die USA einer drohenden Immobilienblase Herr werden könnten, ohne derart weitreichende Eingriffe in das Finanzsystem vorzunehmen. "In den USA gibt es das Financial Stability Oversight Counsil, das im Zuge der Finanzkrise gebildet wurde. Derzeit hat es jedoch nur begrenzte Macht, sich der Entstehung von Blasen entgegenzustellen. Kritiker der derzeitigen Praxis fordern daher, es mit größeren Befugnissen auszustatten, etwa indem es Limits festlegt, wie viel Geld Banken Immobilienkäufern als Kredit geben dürfen. Dafür könnte man entweder das Einkommen des Käufers oder den Werts der Immobilie heranziehen, wie es bereits in vielen Ländern der Welt üblich ist. Ein ähnliches Limit gab es auch in den USA bereits 2013, festgesetzt vom Consumer Financial Protection Bureau, doch während der Trump-Regierung wurde es wieder zugunsten eines marktbasierten Ansatzes verworfen."

Auch Verbraucherschützer in den USA sprächen sich gegen eine strengere Regulierung bei der Kreditvergabe aus, zumindest für Immobilienkäufer, die planen würden, ihr Wohneigentum selbst zu nutzen. Andernfalls würde man Millionen von Amerikanern die wichtigste Möglichkeit zum Vermögensaufbau nehmen. "Doch das Financial Stability Oversight Counsil hätte auch noch andere Möglichkeiten, den Immobilienmarkt zu stabilisieren, ohne den Hauskauf für den Otto-Normal-Verbraucher zu erschweren, etwa indem man die vielen bankenunabhängigen Hypothekengeber strenger an die Kandare nimmt und einer Regulierung unterwirft. Im Vergleich zu normalen Banken stellen sie auch ein wesentlich größeres Risiko für die Finanzmarktstabilität dar." (30.07.2021/ac/a/m)