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Fr, 31. März 2023, 11:45 Uhr

Könnte Bidens 1,9 Billionen Stimulus-Plan die US-Wirtschaft überhitzen?


12.02.21 16:05
LYNX Broker

Berlin (www.aktiencheck.de) - Wie überall auf der Welt leidet auch in den USA die Wirtschaft unter den Folgen der Corona-Pandemie, so die Experten von LYNX Broker.

Doch wie lang solle dieser Zustand noch anhalten? Sei eine Erholung angesichts der voranschreitenden Impfkampagne vielleicht bereits in einigen Monaten möglich? Experten würden mittlerweile damit rechnen, dass sich die Lage in den USA im zweiten Halbjahr 2021 stabilisieren dürfte und die Arbeitslosenzahlen wieder sinken würden. Einige Beobachter würden daher befürchten, dass das geplante Stimulus-Paket der neuen US-Regierung vielleicht etwas zu üppig ausfallen und sich damit als kontraproduktiv erweisen könnte.

"Wenn man davon ausgeht, dass die Impfkampagne bis zum Sommer den gewünschten Erfolg bringt und sich das Leben wieder annährend normalisiert, sind diese Warnungen gar nicht so weit hergeholt. Viele Menschen werden das bisher gekannte Leben nach über einem Jahr Zwangspause noch mehr genießen als zuvor und das bedeutet: Sie werden shoppen, reisen und ausgehen. Schätzungen zufolge haben amerikanische Konsumenten seit dem Beginn der Pandemie rund 1,3 Billionen US-Dollar gespart und es steht zu vermuten, dass sie große Teile dieses Geldes auch ausgeben werden, sobald das wieder relativ gefahrlos möglich ist - egal, ob ein weiteres Hilfspaket kommt oder nicht", erkläre Sascha Sadowski, Marktexperte beim Online-Broker LYNX.

Er könne die Befürchtungen nachvollziehen, dass Bidens 1,9 Billionen schweres Hilfspaket zu groß geraten sei. "Wird der verpasste Konsum der vergangenen Monate nachgeholt, steigt natürlich die Nachfrage und damit am Ende auch der Preis. Durch einen weiteren Scheck der US-Regierung könnte diese Entwicklung beschleunigt werden. In dieser Situation besteht durchaus die Gefahr einer steigenden Inflation - die wiederum die FED auf den Plan rufen könnte", warne der Experte.

US-Finanzministerin Janet Yellen teile diese Befürchtungen allerdings nicht. Tatsächlich sei eine erhöhte Inflation seit den späten 1980er Jahren kein großes Problem mehr in den USA und entsprechende Unkenrufe seien angesichts sinkendender Preise durch Digitalisierung und Globalisierung für viele Produkte ungehört verhallt. "Man muss sich aber auch vor Augen führen, dass es bislang keine mit der aktuellen Lage vergleichbare Situation gab. Geht das neue Hilfspaket durch, wird die US-Regierung fast sechs Billionen US-Dollar in die Wirtschaft gepumpt haben - so viel wie nie zuvor und rund siebenmal so viel wie während der Krise 2009. Natürlich kann man sagen, dass die Stimuli damals die Inflation nicht angeheizt haben. Aber jetzt sind die Summen ja ungleich höher und die Lage nicht wirklich vergleichbar", fasse Sadowski zusammen.

Bereits im vergangenen Jahr habe es einige ungewöhnliche Ausschläge bei der Inflation, beispielsweise im Güterverkehr, bei Haushaltsgeräten und Gebrauchtwagen gegeben. Auch die Preise für Wohnimmobilien seien mit elf Prozent in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gestiegen, obwohl die Inflation insgesamt nur bei 1,4 Prozent gelegen habe. "Solche Ausschläge sind in Krisenzeiten eher unüblich, weil die Nachfrage insgesamt sinkt. Aber gerade in diesen Bereichen ist die Nachfrage weiterhin stark und dürfte auch in absehbarer Zeit nicht wesentlich sinken. Steigen die Preise dann auch in den anderen Wirtschaftsbereichen wieder an, könnte das Zwei-Prozent-Ziel der FED bald erreicht oder sogar überschritten werden", so die Warnung des Experten. "Dann stellt sich die Frage, ob die FED es zumindest für einige Zeit zulässt, dass die zwei Prozent überschritten werden oder ob sie Maßnahmen ergreift, um die Inflation wieder zu senken. Das würde bedeuten, dass sie in der Geldpolitik die Zügel wieder anziehen müsste."

Die ultralockere Geldpolitik würde dann der Vergangenheit angehören - früher als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Für die Wirtschaft könnte das wiederum ein neuer Bremsklotz werden, der die dringend benötigte und mit allen Mitteln forcierte schnelle Erholung zum Erliegen bringen könnte. "Im Zwiespalt zwischen Inflation und Wirtschaftsförderung braucht man Feingefühl, damit die Lage nicht in die eine oder die andere Richtung kippt. Auch die FED ist hier gefragt, denn sie wird in den kommenden Monaten wahrscheinlich aushalten müssen, dass ihr Inflationsziel gerissen wird. Ein zu frühes oder zu harsches Eingreifen könnte die Erfolge der vergangenen Monate jedoch zunichtemachen." (12.02.2021/ac/a/m)